Presse-Echo 2015

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Lindenhof: Beeindruckendes Sinfoniekonzert des Collegium Musicum in der Johanniskirche

Nipple-Gongs erzählen musikalische Anekdoten

Von unserer Mitarbeiterin Christina Altmann

Ein exotisches Klangerlebnis bescherte Thorsten Gellings mit dem Flat-Gong-Spiel „Acht Anekdoten“ des Mannheimer Komponisten Matthies Andresen. BILD: KITTELMANN

Tibetreisende kennen ihn sicher, diesen weithin schwingenden Ton des großen Nipple-Gongs aus den buddhistischen Klöstern. Sein mächtiger Klang eröffnete ein Konzert in der Johanniskirche, hallte von der Empore herunter und bereitete die vielen Besucher auf eine musikalische Rarität vor, die nahezu sphärisch durch den Raum schwang: „Acht Anekdoten“ für Flat-Gong-Spiel und Orchester des Mannheimer Komponisten Matthies Andresen gaben den Auftakt zu einem beeindruckenden Sinfoniekonzert des Collegium Musicum.

Seit neun Jahren leitet der Lehrbeauftragte der Mannheimer Musikhochschule und Studienrat am Lampertheimer Lessing-Gymnasium, Dr. Matthies Andresen, dieses Orchester, das 1955 von Lehrerinnen und Lehrern gegründet wurde, sich heute allen begeisterten Instrumentalisten öffnet und jungen Studierenden ein Forum gibt, ihr Können als Dirigent oder Solist öffentlich zu präsentieren.

Dieses Mal war es Thorsten Gellings, der mit dem für europäische Ohren ungewöhnlichen Flat-GongSpiel begeisterte. Den 15 freihängenden Gongs entlockte er im Wechsel mit dem Orchester ein mal sanft, mal vehement davontragendes Klanggemälde.

Revolutionäre Unordnung

Mit einem schnellen Satz aus dem Klavierkonzert fis-moll erinnerte der Abend an einen russischen Mystiker, der vor genau hundert Jahren gestorben war: Alexander Skrjabin (1872 – 1915) schuf musikalische Werke, die zwischen Traum und Wirklichkeit schwankten und alle Sinne ansprachen. Strawinsky sah in Skrjabins Kompositionen eine revolutionäre Unordnung. Die junge Pianistin Xueqi Dong ließ davon nichts spüren. Als habe sie eine innere Ordnung im Werk erkannt, spielte sie den fis-moll-Satz aus dem Gedächtnis, ließ sich vom gelegentlich entrückenden Orchester nicht beirren, fesselte vollends durch ihr Spiel, das ganz im Sinne des Komponisten auch das Göttliche in der Musik zum Ausdruck brachte.

Die Komponisten des 19. Jahrhunderts stehen in der Musikgeschichte im Zeichen der Romantik. Antonin Dvorak (1841-1904) ist ein Meister der klanglichen Landschaftsmalerei. Seine 8. Sinfonie schrieb er im Herbst 1889 während seines Aufenthaltes im kleinen Dörfchen Vysoka. Das Allegro con brio aus dieser G-dur-Sinfonie öffnete sich hier unter der Leitung von Manuel Martin (Klasse: Professor Eisenmann) wie ein bewegter Spaziergang durch das böhmische Landleben an einem sonnenerwärmten strahlenden Septembertag.

Einer der melancholischsten und zugleich strengsten Tondichter der Romantik war Robert Schumann (1810 – 1856). Die Lektüre von Jean Paul's „Flegeljahre“ inspirierte ihn zu einem Klavierzyklus, den Anne-Sophie Sandner (Nasse: Professor Tarkmann) für Orchester umarrangierte. Schumanns zwölf „Papillons“, die die verschiedenen Stimmungen der Besucher eines Maskenballs charakterisieren sollen, wirbelten bei Sandner als neun bunte Schmetterlinge durch den Raum. Ein jeder tanzte seinen selbstverlorenen Tanz, lauschte den beschwörenden Gesprächen, segelte nach eingängigen Melodien dahin, erschrak im verzerrenden Klang des Disputes und verschwand abrupt. Ein beachtenswertes Zusammenspiel von Streichern, Bläsern und Schlagwerk, dem das Publikum mit langem Applaus dankte.

© Mannheimer Morgen, 25.01.2015


     
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