Presse-Echo 2003

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Filmmusik aus 75 Jahren

Nosferatu und Harry Potter, James Bond oder der Herr der Ringe: Höhepunkte aus 75 Jahren Filmmusik präsentiert das Collegium Musicum Mannheim unter Leitung von Matthies Andresen heute, Samstag, um 20 Uhr im Mannheimer Capitol. Dabei soll neben dem puren Hörgenuss auch ein Überblick über die Sparten des Genres und ihre Entwicklung geboten werden.

Das James-Bond-Thema ist nicht die einzige Verbeugung vor 007: Auf dem Programm stehen auch die Titelmelodien aus „Goldfinger“, „Live And Let Die“ oder „For Your Eyes Only“. Aus der Harry-Potter-Filmmusik stammt eine sinfonische Suite von John Williams. Eine weitere Suite lässt die Bilder aus dem „Herrn der Ringe“ gegenwärtig werden.

Außerdem werden gleich zwei Uraufführungen geboten: Die Orchester-Neufassung der Musik zum fünften Akt aus Nosferatu, eingerichtet von Andrea Csollány (sie unterrichtet an der Musikschule Mannheim) sowie „Modulo“, die Musik zum Stummfilm „Un Chien Andalou“. Sie wird synchron zu dem Streifen gespielt. Karten kosten an der Abendkasse 11 Euro. hf

© Mannheimer Morgen — 18.01.2003


Choral für einen Vampir

KONZERT: Collegium Musicum Mannheim spielte Filmmusik

Von unserer Mitarbeiterin Monika Lanzendörfer

Der Schatten einer knöchernen Gestalt gleitet an einer Wand entlang. Das komisch-schaurige Wesen streckt seine spindeldürren Finger mit langen Krallen zu einer Tür aus, hinter der eine opfermutige Jungfrau auf den Biss wartet, auf den Biss des Vampirs. Welche Musik erwarten die Zuschauer des Stummfilms „Nosferatu“ von Friedrich Wilhelm Murnau wohl zu dieser Szene? Disharmonische Schreie der Geigen? Einen sich unheilvoll steigernden Trommelwirbel? Die Mannheimer Komponistin Andrea Csollany dachte sich einen düster gefärbten Bläser-Choral aus, der immer dann als Leitmotiv erklingt, wenn der Blutsauger auf den Plan tritt.

Für das Konzert „75 Jahre Filmmusik“ im Mannheimer Capitol regte sie der Organisator und Dirigent Matthies Andresen an, eine Orchester-Fassung aus dem fünften Akt ihrer 1995 beendeten „Nosferatu“-Komposition herzustellen. Während der Uraufführung durch das Collegium Musicum Mannheim erwies sich diese neue Bearbeitung als ebenso aussagekräftig wie der immer noch faszinierende Schlussteil der Murnau-Inszenierung von 1922. Die Sprache der Bilder auf der Leinwand und die Tonsprache waren einander ebenbürtig. Das gab Gelegenheit, die Aufgabe der Filmmusik zu überdenken. Sie soll doch eigentlich nur untermalen und vom Kinogänger unbewusst wahrgenommen werden. Aber das stark anwachsende Interesse am Genre ist Beleg dafür, dass in vielen Soundtracks keineswegs nur Zweitrangiges steckt. Die von Christoph Janz und Dominik Schneider dirigierten Themen aus den James-Bond-Thrillern, aus „Harry Potter“ und dem „Herrn der Ringe“ machten die kommentierende und charakterisierende Funktion der Kompositionen deutlich. Die kommt gerade dann zum Vorschein, wenn man „nur“ zuhört.

Einen Sonderfall brachte die Uraufführung von Matthies Andresens „Modulo“ zum „Andalusischen Hund“, den Bunuel und Dali 1928 drehten. Die nie ganz fassbare, melodische Musik breitete sich wie ein schummriger Klangteppich unter den surrealen Szenen aus. Trotzdem erkämpfte sich ein eigenartiges Singen die Aufmerksamkeit. Es kam vom elektronischen Tasteninstrument namens Ondes Martenot, das unentwegt an den Filmbeginn erinnerte, in dem ein Mann versucht, ein Mädchen zu küssen. Mit der Gestaltung des Programms hat das Collegium Musicum, in dem Studenten der Musikhochschule und Amateure sitzen, bewiesen, dass es aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist.

© Mannheimer Morgen — 21.01.2003
     

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